RTB – Real Time Bidding – Retargeting und Zielgruppen-Targeting – ein d3con Rückblick

Am 11. Februar fand in Hamburg zum 4. Mal die d3con statt. Das ist so etwas wie das Klassentreffen der RTB-Branche – also rund um Real Time Bidding. Ich fand die Veranstaltung ziemlich gut und werde mit größter Sicherheit im kommenden Jahr wieder hingehen. Man erfährt so einiges wichtiges zur Raketentechnologie der Online-Werbung. Es geht um Retargeting und um die Direktansprache von Zielgruppen – also Zielgruppen-Targeting mit möglichst geringen Streuverlusten.

d3con

Klassentreffen?

Ein Klassentreffen an sich ist ja eine geschlossene Veranstaltung mit vielen Interna. Das ist gleichzeitig die Schattenseite eines Klassentreffens, wenn die Klasse wachsen möchte. Es gab viel Buzzword-Sprech von Referenten der außerhalb der Klasse nie im Leben verstanden worden wäre. Naja – vielleicht gab’s auch Gäste, die Verständnisprobleme hatten. Deshalb hier schonmal die Bitte sich hinsichtlich Abkürzungen und Spezialausdrücken zu mäßigen. Das wirkt aus meiner Sicht überheblich und zeugt von Unsicherheit. Viele der Sätze – v.a. in den Podiumsdiskussionen hätten auf deutsch reichlich banal und platt gewirkt. So ist es schwierig den Markt zu vergrößern. Es wurde viel auf Features eingegangen und Benefits unzureichend belegt. Das war ein wenig schade.
Gleichzeitig weit dies jedoch auch auf den Zustand des Marktes an sich hin: Dieser ist noch jung und muss sich entwickeln. Es müssen klare Linien herausgearbeitet werden. Darum muss man sich keine Sorgen machen. Das wird kommen. Es gibt einfach Schritte, die zu absolvieren sind und Klippen, die umschifft werden müssen.

Real Time Bidding – was taugt der Begriff?

Es fängt schon beim recht technischen Begriff „Real Time Bidding“ an. Der geneigte Werbungtreibende ohne größeres Verständnis für den Ausdruck wird sich an dieser Stelle sofort fragen, ob und wie er den nun bieten muss. Mit etwas Glück wird er auf die Idee kommen, dass es um etwas ähnliches wie das Bietverfahren von Google im Rahmen der AdWords geht. Das wäre aus meiner Sicht ein großes Glück. Kleinere Kunden, werden durch die Begrifflichkeit abgeschreckt. Das scheint ja auch nicht so schlimm zu sein. Die Beschwerden viele Diskutanten waren dahingehend, dass Publisher zu wenig Inventar zur Verfügung stellen. Dazu weiter unten noch etwas mehr.
Dann gab es da auch noch Jannette Flores von Google. Sie benutzte den Begriff „Audience Buying“. Wirklich geschickt ist die Einführung dieses Begriffs durch Google auch nicht. Der nicht dem RTB-Tunnelblick verfallene Online-Markter wird schnell auch an Fan- bzw. Follower-Käufe für Facebook, Twitter und Pinterest denken. Die taugen nunmal absolut nichts – was soll denn dann Audience Buying taugen? – Wahrscheinlich nicht viel. Dennoch muss man Google für die Suche nach einem Begriff dankbar sein. Nur mit einfach zu verstehenden Begriffen und klar erkennbaren Benefits wird der Markt wachsen.

Zielgruppen-Targeting

Zugegeben – mir fällt auch kein wirklich supertoller Begriff ein. Die Tatsache, dass Retargeting recht gut läuft ist ein Hinweis darauf, dass der Begriff gut verstanden wird. Im Eröffnungsvortrag erläuterte Konrad Feldman (quantcast) ziemlich ausführlich und anschaulich, dass Retargeting alleine nicht ausreicht. Das hätte auch ohne den Vortrag klar sein können. Es handelt sich dabei um eine Bindungsmaßnahme. Dadurch werden keine neuen Kundenschichten erreicht – nicht die Reichweite erhöht und nicht die Bekanntheit gesteigert.
Retargeting ist eben einfach zu verstehen: Der Kunde kommt zur Website, bekommt ein Cookie gesetzt und wird an anderer Stelle wieder eingefangen. Wie ist es jedoch mit anderen Methoden der Ansprache. Sobald der Kunde das Gefühl hat, dass zu viel Hokuspokus dabei ist oder die Sache zu intransparent läuft, ist er nur schwer zu einer Entscheidung zu bewegen. Hier sind Google und Facebook die Vorreiter von denen die Branche lernen sollte. Es wird in einfach gestaltet Interfaces zu den Schaltungen geführt und der Kunde weiß, dass er seine Zielgruppe anspricht, dass diese nach Alter, Geographie und Interessen einschränken kann. Das reicht dann völlig: Zielgruppen-Targeting. Der Florian Heinemann (Project A) stellt deshalb aus meiner Sicht völlig zurecht fest, dass Google und Facebook das Rennen machen werden.

Vielleicht wären an dieser Stelle auch andere Abrechnungsmodelle ratsam. Für Reichweite sind die Kunden traditionell bereit zu bezahlen. Reichweiten-Kampagnen sind bei einer klaren Zielgruppen-Ansprache überaus sinnvoll. Prinzipiell, gibt es diese Möglichkeiten ja schon. Schaut man auf die Seiten der großen Vermarkter, so sind die Informationen unzureichend und versteckt. Ob das ein Hinweis darauf ist, dass mit klassischen Umfeldbuchungen einfach mehr verdient wird? – Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Möglicherweise liegt es auch daran, dass die Agenturen im Umfeld zu sehr an CpC und CpO denken – Gedanken für den E-Commerce-Markt – nicht für Marken und Reichweite. Doch in diese Richtung muss sich der Markt entwickeln.

Ich war richtig erfreut, dass hin und wieder der Begriff TV genannt wurde. Das ist nunmal die Riesenschaufel hinsichtlich der Reichweite und der TV-Markt bekommt noch immer den größten Batzen vom Werbekuchen ab. Dabei denke dabei nicht nur an die Reichweitenwerte, die sich in das eine oder andere Tool integrieren lassen. Mir geht es ganz konkret um die Verknüpfung der Daten auf individueller Ebene. Das wird in einigen Jahren zweifellos einen Schub bringen.

Unternehmensbeispiele

Am weitaus besten hat mir auf der d3con 2014 ein von Ralf Scharnhorst moderiertes Panel zu den Erfahrungen von Werbungtreibenden mir Real Time Advertising gefallen. Trivago, Vodafone und Zalando berichteten über Erfolge, Schwierigkeiten und Verfahren. Das war wirklich wertvoll. Damit kann man Kunden die Angst nehmen. Die Kollegen zeigten, wie anderswo gekocht wird. Eigenartigerweise gestanden diese Werbungtreibenden, dass sie mal auf die Schnauze fliegen. Dienstleistern scheint das zu peinlich zu sein. Zudem ist die Tatsache, dass trivago und Zalando Werbemitte intern produzieren und nur ungern Agenturen an diese Arbeit lassen, ein wichtiger Hinweis. Die Kreativen haben sich wohl noch nicht auf diese neue Art und Weise der Online-Werbung eingestellt. Nach Aussage der Unternehmen scheint es vor allem den ungenügend schnellen Abläufen zu liegen. Hier müsste also noch optimiert werden. Ich persönlich lassen auch am liebsten intern produzieren, weil so einfach eine bessere Feinabstimmung erfolgen kann.

Datenschutz

Das ganze Spiel um Real Time Advertising – Retargeting und Zielgruppen-Targeting – kommt ohne die Identifikation der Nutzer-Clients nicht aus. Die EU-Datenschutzverordnung drohte mit beträchtlichen Einschränkungen. Nun scheint diese nach Aussagen des BVDW umgesetzt. Wie und warum konnte nicht genau nachvollzogen werden. Klar scheint nur, dass es etwa ist wie mit dem US-Waffengesetz. Cookies dürfen in Deutschland benutzt werden, wenn darin keine personenbezogenen Daten stehen. Wenn doch, dann muss der Nutzer des Clients vorher gefragt werden. Das sorgt für etwas Klarheit. Also gerade, wenn es um die Verbindung mit CRM-Daten geht, sollte man den Nutzer explizit darauf hinweisen. Das hätte man auch ohne gesetzliche Vorschriften schon so machen sollen. Genauso wie man hinsichtlich des Retargeting nicht einfach drauf losballern sollte und dem Kunden nach einem Kauf beispielsweise Komplementärprodukte zeigen sollte und nicht noch drei Monate lang ein Produkt, das der Kunde schon besitzt.

Jochen Schlosser von uniquedigital  zeigte, dass man auch ohne Cookies Clients identifizieren kann – und das mitunter noch besser als mit den üblichen Identifikationsstrings. Das war schon schwer beeindruckend, weil so tatsächlich auch Nutzer angesprochen werden könnten, deren Clients Cookies ablehnen – aus welchen Gründen auch immer. Allerdings liegt Schlosser falsch, wenn er der Meinung ist, dass dies aus datenschutzrechtlicher Sicht unbedenklicher ist. Insbesondere dann, wenn die eindeutigen Clients mit Personendaten gekoppelt werden, muss der Nutzer nach seinem Einverständnis gefragt werden. Einfach so mal mit dem CRM koppeln ist also nicht ratsam.

Ich für meinen Teil freue mich auf jeden Fall schon jetzt auf das nächste Jahr und hoffe etwas mehr über die Verbindung mit Reichweitendaten zu hören, etwas mehr TV und ein paar mehr Belege für getroffene Aussagen zu bekommen.

 

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