Digital Analytics für Hersteller erweitern – die produktzentrische Perspektive als Ergänzung

Online-Marketing denkt in Trichtern oder in Customer Journey. Digital Analytics versucht diese zu erfassen und zu messen. Nur ist es nicht mehr so, dass die Maßnahmen getrennt ablaufen: Die Verknüpfung mit Offline-Kommunikationsaktivitäten wird immer stärker. Daneben ist es für Hersteller problematisch, die Kommunikationsleitung ihres Marketings umfassend zu beurteilen. Gegenwärtig sind das Cookie-Dilemma und die Umstellung auf die neue Google-Analytics-Version die großen Themen. Es geht darum, wie wir den Kunden weiterhin tiefgehend analysieren können. Verwunderlich ist dies nicht – wurde die Community doch jahrelang darauf fokussiert, den Kunden in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen. Was prinzipiell eine gute Sache war, hat allerdings im Gegenzug dazu geführt, dass das, was auf der Produkt- und Markenebene passiert, unzureichend analysiert wurde. Analytics mit GA, Adobe, Piwik et al. sind in all ihren Details eben nur dann möglich, wenn eine Website, ein Webshop im Mittelpunkt steht.

Off-Site Daten

Wie wirkt beispielsweise die Einführung eines Markenshops bei einem Online-Kofferhändler auf den Gesamtabsatz der Marke? – Meist gibt es für den Hersteller kaum Daten. Selbst Hinweise darauf, in wieviel Prozent der Verkäufe im Shop der Markenshop eine gewisse Rolle spielte, fehlen. Dabei ist es grundsätzlich gleich, ob es sich um Koffer, Bekleidung, Elektrogeräte oder was auch immer handelt. Mir kommt es an dieser Stelle nicht darauf an, eine Branche an den Pranger zu stellen. Aus meiner Sicht ist es absolut notwendig, dass Hersteller mitmessen dürfen. Nein, es muss nicht so genau sein. Es muss auch kein Tag auf der Produktdetailseite sein. Eigentlich reichen Hinweise darauf, wie oft eigene Produkte angezeigt wurden und wie oft diese hinterher gekauft wurden. Klar man kann mit Crawling Preise messen und man kann sich mühevoll herausarbeiten, wie das eigene Produkt im Vergleich zur Konkurrenz auf der Shop-Produkt-Detailseite dargestellt wird und dann optimieren – aber hey – sitzen nicht alle im gleichen Boot und wäre es nicht toll, wenn ein Hersteller die Informationen vom Händler per Schnittstelle bekommen könnte und ohne großen administrativen Aufwand? Ich meine damit nicht die derzeit übliche mikroanalytische Herangehensweise, sondern es reichen Tagesdaten:
• Wie oft erschien das Produkt auf einer Such- oder Kategorie-Seite im sichtbaren Bereich?
• Wie oft wurden die Detailseiten welcher SKU angesehen?
• Wie viele dieser SKU wurden verkauft?

Sicher, man könnte das noch detaillierter angehen. Ohne diese Informationen, die man sich beispielsweise bei Amazon mühevoll zusammensuchen muss, ist es nur möglich, Bestellungen zu analysieren und da ist, wenn Händler Werbekostenzuschüsse haben wollen – also Geld für die Einrichtung eines Markenshops, Einbindung in Newsletter, Pay per Klick-Werbung etc. einfach zu wenig. Warum?

Früher ansetzen: Produktdaten als Basis

Es geht nicht einfach nur um die Rolle des Produktkontakts im unteren Funnel-Bereich, es geht auch darum, die Werbeleistung von Produktkontakten zu messen. Aber eigentlich setze ich hier viel zu spät an. Der Prozess beginnt an einer ganz anderen Stelle: Dabei ob ein Produkt auf einer Händlerwebsite überhaupt gelistet ist. Oft dauert es recht lange, bis Neuprodukte erscheinen, neue Bilder werden nicht eingespielt, Fehler nicht behoben. All dies wirkt sich negativ auf die Verkaufsperformance aus. In diesem Fall sind unsere Produkte bereits gelistet und wahrscheinlich auf der Website des Online-Händlers sichtbar. Das Drama beginnt noch viel früher. Kürzlich wunderte sich ein mir bekannter Controller darüber, dass neue Produkte erst sehr spät tatsächlich bestellt wurden. Durch Rückfragen bei Händlern konnte herausgefunden werden, dass dies eine relativ banale Ursache im Listungs-Prozess hatte, die behebbar war. Wäre darauf geachtet worden, ab wann die Produkte in der Vergangenheit gelistet wurden, hätte die Ursache viel früher erkannt werden können. Was wäre geschehen, wenn Kunden die neuen Produkte hätten kaufen wollen?

Die Analyse dessen, was auf der eigenen Website passiert und darüber hinaus vielleicht noch die Berechnung und Bewertung der Zuleitungen, ist also keineswegs ausreichend. Das Nutzerzentrische Bild, das Google uns mit seinen Analytics-Lösungen präsentiert, ist eben nur die eine Seite der Münze. Die andere Seite sind Produkte und Marken. Irgendwie ist es auch verständlich – wenn man einen Nutzer beziehungsweise Kunden hat, soll man diesen natürlich ins Zentrum der Betrachtung stellen. Doch was macht man, wenn der Nutzer noch nicht Nutzer und der Kunde noch nicht Kunde ist? Es gibt Stufen weiter oben im Funnel bzw. frühere Phasen in der Customer Journey. So könnten die Stufen der produktorientierten Analytics für Hersteller aussehen:

1. Sind die Produktdaten im Produktentwicklungstool vollständig, korrekt und rechtzeitig fertig?
2. Stichwort Preise: Stehen diese und ist das Konzept konsistent?
3. Assets: Liegen alle notwendigen Assets inklusive der notwendigen Zertifikate vor?
4. Prüfung von Sortimenten
5. Erstellung von Datensätzen für Kunden: Sind diese auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt? Standarddatensätze bergen immer Potenziale für Verzögerungen und Probleme.
6. Wurden die Daten rechtzeitig und valide an Kunden geliefert?
7. Sind die Produkte auf den Kundensystemen sichtbar? Ist die Darstellung der Produkte vollständig und korrekt? Gibt es Optimierungspotenziale?
8. Allgemeine Sichtbarkeit der Produkte im Netz – eine SEO Perspektive
9. Kontrolle der Preise auf Produktebene
10. Monitoring Konkurrenzprodukte: Benchmarking der Produktdarstellung/-preise
11. Einsammeln von Rezensionen & Social-Media-Kommunikaten: Stärken-/Schwächenanalyse der Produkte
12. Werbe-Maßnahmen am Top of Funnel
13. Einflüsse auf Image und Produktwahrnehmung (und damit ist nicht der NPS gemeint!)
14. Wenn möglich: Wie oft werden die Produktdetailseiten auf welchem Shop angesehen und wie hoch ist die jeweilige Wandlungsrate?
15. Wie hoch sind die Umsätze für welches Produkt auf welcher Plattform?
16. Logistik-Controlling: Kommen die Bestellungen pünktlich beim Kunden an?
17. Retouren: Welche Produkte sind für Retouren anfällig und warum?

Diese Liste ist durchaus lang. Die Generierung der Daten ist anspruchsvoll und – aus meiner Sicht – auch schwieriger als beim User-zentrischen Vorgehen für einige oder wenige Websites. Viele der Punkte bedürfen gesonderter Erläuterung. Das mache ich bei Gelegenheit an anderer Stelle.
Für Hersteller ist dies nicht alles: Natürlich ist es erforderlich, die Daten mit Resultaten der User-zentrischen Analyse zu kontrastieren. Aber widmen wir uns zunächst der Händlerperspektive.