3 Euro Erhöhung der Ticketsteuer – weniger als ein Anfang

Eigentlich ist das hier kein politisches Blog. Aber die Entscheidung der Bundesregierung, die Ticketsteuer resp. Luftverkehrabgabe nur marginal zu erhöhen finde ich einfach handwerklich superschlecht oder von falschen Zielen getrieben. Da wurde wohl schnell etwas total wirkungsloses zu einer ohnehin steuerungslosen Abgabe hinzugefügt, damit etwas gemacht wurde. Das ist einfach nur ärgerlich! Zugegeben, mein Ökonomiestudium in Mannheim liegt schon einige Jahre zurück. Und das was da gemacht wurde widerspricht so ziemlich allem, was ich gelernt habe.

Die Ticketsteuer ist eine wirkungslose Mengensteuer

Also – in Deutschland gibt es bereits seit 1. Januar 2011 eine Luftverkehrabgabe oder Ticketsteuer. Gebracht hat diese außer einem Steuerkaufkommen von knapp 600 Millionen Euro in 2018 für knapp 80 Millionen Passagiere – nichts. Steuer kommt von steuern und das Steuerziel war die Begrenzung des Luftverkehrs. In der Abbildung wird dies überaus deutlich – nach 2008 sank die Zahl der Passagiere aufgrund der wirtschaftlichen Delle. Dann stieg diese wieder kontinuierlich an. Zugegeben – unsere Nachbarn in Europa arbeiten mit ähnlichen Konzepten. Deshalb wird die Steuer auch nicht besser. Mengensteuern sind ohnehin keine sonderlich intelligenten Werkzeuge: 2011 wurden auf Kurzstrecken knapp 8 Euro gefordert – egal ob es ein Ticket für 99 oder 400 Euro war. Liebe SPD – sonderlich sozial ist das nicht. Steigt der Preis eines Gutes inflationsbedingt, so reduziert sich auch der Steueranteil pro Ticket. Insgesamt ist es so, dass eine Vielzahl der Mengensteuern zu Bagatellsteuern verkommen sind – sie sind einfach doof, weil sie bei einer sehr geringen Preiselastizität keine steuernde Wirkung haben. Ich frage mich, wer bei den Verhandlungen der Koalition auf die nutzlose Idee gekommen ist, das Instrument, das bei einem Preis von 8 Euro nicht funktioniert hat, um weniger als ein Drittel zu erhöhen und zu glauben, dass es zu einer Verhaltensänderung kommt? Wenn man tatsächlich steuernde Wirkungen verzeichnen möchte, hätten es mindestens 30-50 Euro sein müssen.

Anzahl der beförderten Personen im Luftverkehr in den Jahren 2004 bis 2018 in Deutschland (Passagiere in 1.000)

Ein Beispiel: Ein Flugticket von Düsseldorf nach Berlin kostet oft sehr viel weniger als ein Zugticket und es geht schneller. Ich wohne in Aachen. Wie soll ich mich entscheiden? Der Zug kostet 178 Euro. Der Flieger 157 Euro ab Düsseldorf. Mit dem Flieger schaffe ich es an einem Tag – mit dem Zug brauche ich wegen der 5 ½ Stunden Fahrzeit zwei Tage und benötige zusätzlich eine Hotelübernachtung. Bei der Flugreise zahle ich außerdem 26 Euro für das Parkhaus. Nach der Abgabenanpassung liegen wir in beiden Fällen bei 160 Euro. Die Nebenkosten bleiben identisch. Mit der Bahn sind es dann wahrscheinlich etwa 260 Euro, mit dem Flieger habe ich noch einen Puffer von 70 Euro für Taxi & Co. BTW: Der Steueranteil bei Bahn und Flugzeug ist in diesem Beispiel nahezu identisch. „Steuern“ wird die Ticketsteuer für Flüge so nicht!

Zu beachten und analysieren wäre besonders die sogenannte Kreuzpreiselastizität: Wie muss sich der Ticketpreis des Zuges ändern, damit dieser dem Flugzeug vorgezogen wird oder umgekehrt: Wie muss sich der Ticketpreis des Flugzeugs ändern, damit der Zug vorgezogen wird. Es sind schließlich nicht zwei vollständige Äquivalente. Der Zug kostet mehr Zeit, lässt einen aber unterwegs mitunter besser arbeiten. Zusätzlich müssen Nebenkosten wie Hotels in die Analyse integriert werden etc.

Angebotsseitige Wertsteuer für Luftverkehr notwendig!

Was im Grunde noch gravierender ist: Fliegt ein leerer Flieger durch die Luft, ist das Steueraufkommen gleich Null! Der Anreiz der Fluggesellschaften, Sprit zu sparen oder umweltfreundlichere Antriebe einzusetzen, ist nicht gegeben.

Bei der Ticketsteuer handelt es sich um eine nachfrageseitige Abgabe ohne Wertbezug. Die Steuerung über eine Wertsteuer auf der Angebotsseite wäre aber sehr viel effektiver. Im einfachsten Fall könnte dies über die Besteuerung des Kerosins stattfinden. Die hierdurch entstehenden Kosten würden Fluggesellschaften auf die Tickets aufschlagen. Zumindest für Inlandsflüge würde dies auch zu keiner Wettbewerbsverzerrung auf internationaler Ebene führen und könnte ohne weiteres eingeführt werden und würde schon zu erheblichen CO2-Einsparungen führen – es sind knapp 50 Prozent der Flugtickets! Mit dem Ziel, diese Besteuerung auf europäische Ebene auszuweiten, könnte hier aufgrund der oben angesprochenen Elastizität mit nicht unerheblichen Steuereinnahmen vom mehr als 5 Mrd. Euro gerechnet werden. Zumindest aus Frankreich kommen hierfür wohlwollende Signale. Sicher, die Fluggesellschaften sind hiervon größtenteils nicht begeistert. An vielen sind die Staaten beteiligt und sie rechnen mit Mindereinnahmen. Aber wie geschrieben, die Preiselastizität ist sehr ähnlich wie bei Zigaretten. Brutto würde jedoch für den Staat mehr übrigbleiben, das Flugaufkommen wäre lenkbar und der CO2-Ausstoß würde verringert.

EasyJet ist hier übrigens eine Ausnahme – diese Fluggesellschaft übt sich in der Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und wäre begeistert.